Fahrtechnik: Bremsen und runterschalten mit Zwischengas
Mit Zwischengas zurückschalten tut man, um bei allen Motorfahrzeugen mit Getriebe möglichst wenig Beschleunigungsmoment auf die Kupplung zu bringen um damit einerseits das Material zu schonen, und andererseits kein unerwünschtes Beschleunigungsmoment auf die Räder des Fahrzeugs zu bringen. Als Beschleunigungsmoment gilt auch negative Beschleunigung, also Verzögerung.
Beispiel Autofahren. Wenn man zu einer Kreuzung kommt, benutzt man gerne den Zurückschaltvorgang als Bremshilfe. Auskuppeln, nächstniedrigeren Gang rein, laaangsam einkuppeln. Der Motor wird durchs einkuppeln von Standgasdrehzahl langsam (oder zügig) auf Drehzahl gebracht, das wiederum bremst das Fahrzeug ab. Hierbei erfährt die Kupplung Reibverschleiß, und die Reifen ein Bremsmoment.
Mit Zwischengas sähe die Sache wie folgt aus. Gang raus und nächstniedrigen Gang rein, dosierten Gasstoß, und flott einkuppeln. Richtig dosiert, hat der Motor zum Zeitpunkt des einkuppelns genau die Drehzahl, den Vorgang ruckfrei ablaufen zu lassen.
Beim Motorrad sollte man das immer machen, denn in Situationen wo es unerlässlich ist, wäre es fatal oder zumindest von Nachteil, es nicht so zu machen. Daher schon in der Zeit trainieren, um es in der Not zu haben.
Konkret die arge Kurvenfahrt. Hierbei überträgt der Hinterreifen Querkräfte, die angenommen nahe seiner Haftgrenze liegen. Erfolgt nun ein harter Gangwechsel, egal ob rauf oder runter, kommen zu den Querkräften noch Längskräfte hinzu, und durch das Kräfteparallelogramm entsteht eine Kraft, die den Reifengummi zum Gleiten bringt. Ein Hinterradrutscher eventuell mit Sturz wäre die fatale Folge.
Nun die Übung die es zu üben gilt.
Versuche, geradeausfahrend ein Gefühl für deinen Motor und dein Getriebe zu entwickeln. Wähle dabei eine Gschwindigkeit, die in allen 6 Gängen fahrbar ist, idealerweise nahe der Höchstdrehzahl des ersten Ganges, um ein breites Drehzahlspektrum mit der Übung abzudecken. Schalte dann alle Gänge wiederholt rauf und runter, ohne die Geschwindigkeit zu ändern, und achte auf möglichst lastwechselfreien Anschluss.
Konkret: Angenommen dein Motorrad geht mit dem ersten Gang voll ausgedreht 95 km/h. Mach dann die Übung mit 75-80 km/h.
Fahre also ca. an 80er und schalte in den 6. Gang rauf. Schalte nun runter. 6. in den 5. mit einem leichten Zwischengasstoß. 5. in den 4. einen bissl festeren Gasstoß. 4. in die 3. einen noch festeren. 3. in die 2. einen sehr deutlichen. 2. in die 1. zurück einen heftigen Gasstoß, denn hierbei muss der Motor fast an den roten Bereich gedreht werden, damit der Anschluss nahtlos funktioniert.
Es reicht auch, die Übung nur mit den Gängen 1-4 zu machen, da die Sprünge von 4-6 so knapp liegen, dass es sich kaum auszahlt.
Übe diese Übung oft. Das geht fast immer und überall, sowohl in der Stadt, als auch bei Überlandfahrten. Du wirst bald ein Gefühl entwickeln, wieviel Gasstoß jeweils notwendig ist, um weich runterzuschalten.
Nächste Übungseinheit bzw. eine parallele dazu, ist die simultane Benutzung von Gas und Vorderbremse. Simple Übung. Kupple im ersten Schritt vorm abbremsen aus, bremse und gib dabei gleichzeitig rhytmische Gasstöße. Versuche, den Bremsdruck konstant zu halten, dass es also keine pumpende Bremsung wird, sondern schön gleichmäßig. Du wirst dabei lernen ein Gefühl für den Bremshebeldruck zu entwickeln, und parallel dazu die Gasgriffstellung zu ändern.
Im zweiten Schritt versuche die Kombination beider Übungen. Somit solltest du nach einiger Zeit das Runterbremsen mit Runterschalten mit Zwischengas beherrschen.
BRAVO! Du hast bis hierher gelesen!
Noch einen Tip als Ergänzung. Erfahrene Motorradfahrer haben stets zwei Finger auf der Bremse und auf der Kupplung. Sowohl bei normaler Fahrt, als auch beim Beschleunigen, als auch beim Bremsen. Vor allem im Stadtverkehr gibt das eine gute Portion an zusätzlicher Reaktionsfähigkeit, da der Weg zum Bremshebel, der locker mal eine halbe Sekunde dauern kann, völlig eliminiert wird. Es werden damit ultraschnelle Reaktionszeiten möglich, und Gangwechsel sind ebenso jederzeit möglich, was bei Beobachtern einen sehr coolen Eindruck hinterlässt.
Nicht zuletzt ist diese Art von Reaktionsfähigkeit auch eine kräftige Portion aktiver Sicherheit gegenüber unvorhergesehener Situationen, wie zB plötzlich aus Einfahrten ragenden PKWs oder überraschend auftauchender Fussgänger...
(11.7.2003, 10:30)
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