Fahrtechnik: An der Kreuzung stehend nach rechts abbiegen
Fahrtechnik: So fährt man Motorrad.
05.03.2003, 11:10

Die Anforderung ist eine absolut alltägliche. Motorradfahrer steht an der Kreuzung. Es gilt, bei Grünwerdung der Ampel gleich um 90° nach rechts abzubiegen, und das mit möglichst großer Lässigkeit und durchaus auch mit der Möglichkeit, optisch spektakulär zu wirken.


Also ich mach das so.
Ich steh an der Kreuzung, wie gelernt linken Fuß unten, rechten Fuß auf der Fußbremse, Leerlauf, Blinker rechts gesetzt, linke Hand demonstrativ nicht auf der Kupplung, sodass jedem klar ist, aha, ohne Gang, schön.

Dann wird's grün. Kupplung halb ziehen, Motordrehzahl per Gas von 1000 auf 1300 U/min erhöhen. Und jetzt kommt der eigentliche Stunt. Der linke (Schalt)Fuß, der der einzige Kontakt zur Straße ist, wird nun in einem Vorgang hochgezogen, auf die Raste gesetzt, klickt den ersten Gang ein, und die Hand kuppelt sogleich hart ein.

Wohlgemerkt: Der rechte (Brems)Fuß hat die Raste nie verlassen. Der Linke Fuß verließ die Straße zu einem Zeitpunkt, wo noch kein Gang dringewesen sein konnte! Das Motorrad war dem Umfallen näher als dem vertikal stehenbleiben. Dieser Vorgang sollte daher öfters geübt werden, bevor er im wirklichen Leben zur Anwendung kommt.

Nun den Lenker während das Fahrzeug beginnt, sich in Bewegung zu setzen, kurz aber relativ heftig nach LINKS einschlagen, Kopf gleichzeitig nach rechts schwenken (=Blicktechnik) und Fahrbahn auf ausparkende Autos, Fußgeher u.ä. verkehrstechnisches Ungeziefer abzuscannen beginnen. Das Motorrad baut nun durch die zunehmende Geschwindigkeit und den linksen Lenkereinschlag rasch Schräglage nach rechts auf. Wenn diese ausreichend ist, Lenker nach rechts schwenken, und mit der Fahrtechnik "drücken" (Motorrad legt sich weiter rein als der Fahrer) die Kurve zu bewältigen beginnen. Den Blick = den Kopf, dabei stets horizontal halten.

Etwa bei 33% der Kurvenstrecke sollte die Schräglage die 30° Marke stabil überschritten haben. Trotz irgendwelcher gelben und weißen Bodenmarkierungen. Der Scanvorgang auf Verkehrsgegner müsste nun abgeschlossen sein, und es sollte feststehen ob auf die Gerade hinaus voll eingeschenkt werden darf oder nicht. Gleichzeitig sollte auch die zu passierende, an der roten Ampel stehende Autokolonne letztmals gecheckt werden, ob nicht ein Bekannter dabei ist oder gar ein Motorradelfahrer. Denn hier ist die letzte Gelegenheit, mit der Kupplungshand zum Gruße hochzuwinken.

Nun, nachdem die Dynamik im Laufen ist und nur mehr 50% Restkurve vorhanden sind, sollte die rechte Hand beginnen, das Gasseil mit nicht zu geringer Vehemenz aufzurollen. Das Motorrad ist nach wie vor in beträchtlicher Schräglage. Es sollte in weiterer Folge leichter Schlupf am Hinterrad zu fühlen sein. Zufällig anwesende Passanten sollten nun inne halten und großen Auges die Szene zu beobachten beginnen. Falls das der Fall ist, wurde bisher alles korrekt gemacht.

Bei 30% Restkurve wird begonnen, die Schräglage des Motorrades herauszunehmen und das Motorrad sanft auf die Gerade einzuschwenken. Die Schräglage des Oberkörpers des Fahrers vergrößert sich in dieser Phase geringfügig. Es erfolgt sozusagen ein Übergang von "drücken" in "hangoff", wenn auch nur ganz dezent. Der Schlupf sollte zu Beginn dieser Phase weiter ansteigen, um letztlich bei nahezu vertikal gestelltem Motorrad, plötzlich und ruckartig in Grip überzugehen, was ein dezentes Wheelie zur Folge hat.

Der Oberkörper des Fahrers ist nach wie vor noch nicht in der vertikalen. Der erste Gang wird nun schön langsam knapp, es steht nun der Schaltvorgang an. Dabei gilt: Lieber schon im Wheelie den Gang wechseln und dabei das Vorderrad wieder auf den Boden geben, mit der körperhalterischen Geste "scheiss Kraxn, i derholt bei der Kreuzung NIE des Vorderradel am Boden", als mit der Ersten wheelend in den Begrenzer zu drehen, der den Stunt abrupt und plump abbricht. Erst nach einer Schrecksekunde und komisch klingendem Motor kommt dann die Verlegenheitszweite, die - um die Situation zu retten - dann meist gnadenlos gedreht wird, wodurch der Reiter weit in den Rosa Entzugsbereich gelangt, was sehr schlimm ist.

Korrekt durchgeführt wird die Zweite hart anbeschleunigt, jedoch relativ sofort in die Dritte geschalten, mit der die restliche Gerade bei gleichbleibender Drehzahl entlanggefahren wird. Die Drehzahl nicht abfallen lassen, wie sieht das aus.

Ich nehme an, diese Kurventechnik machen 90% aller Motorradfahrer genauso. Stimmts?





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