So funktioniert ein Viertakt Motor
Technik. Theorien. Unglaublichkeiten.
15.10.2005, 22:00

In einer Serie von Artikeln will KoflAIR komplizierte Technik für Laien verständlich erklären. Im ersten Artikel dieser Serie wird erklärt, wie ein Viertaktmotor funktioniert. Der Einstieg erfolgt direkt in den laufenden Motor...

Die Kurbelwelle dreht sich und hat verdammt viel Schwung. Der Kolben ist nahe dem oberen Totpunkt, und es öffnet sich nun das Einlassventil, gesteuert durch die Nockenwelle, die fix von der Kurbelwelle mit einer Untersetzung von 2:1 angetrieben wird.

Nun fährt der Kolben, gezogen durch den Schwung der Kurbelwelle, nach unten. Dabei saugt er Luft hinter sich her, durch das Einlassventil herein. Hinterm Einlassventil befindet sich das Ansaugrohr, das seinen Ursprung im Luftfilterkasten (Airbox) hat. Von hier wird beruhigte Luft angesaugt.

Die sich in Bewegung setzende Luft hat die Eigenschaft, dass sie nach der Gasströmungslehre Unterdruck erzeugt, und wenn sie dabei den Vergaser durchströmt, dann wird dort Benzin in den Luftstrom hineingezuzzelt, und es fährt Benzin-Luftgemisch gen Zylinder.

Bei Einspritzern gibts keinen Vergaser, sondern stattdessen ein dünnes Röhrdl, wo in diesem Moment druckvoll Benzin zerstäubt wird. Das Ergebnis ist das gleiche - es wird Benzin-Luftgemisch in den Zylinder gesaugt.

Das Ansaugrohr ist dabei ausgeklügelt dimensioniert. Nicht als diiickes Rohr, in dem die Luft gar nicht gscheit zu strömen beginnen würde. Aber auch nicht als dünnes Schläuchl, wo nicht genug Luft in den Zylinder hineinströmen könnte. Sondern genau so dimensioniert, dass ein deutlicher Luftzug entsteht, der eine gute Vergaserung ermöglicht.

Ach ja, in diesem Rohr finden wir auch noch die Drosselklappe. Ein Ding, das sich optimiert flach in den Luftstrom stellen kann, damit das Gemisch fast ungehindert vorbeiströmen kann. Aber die Klappe kann das Rohr auch nahezu dicht machen, und nur mehr wenig Luft durchströmen lassen. Diese Drosselklappe ist mit dem Gasgriff kombiniert und dient zur Drehzahlregelung.

Also fahren wir nun mit der Luftsäule mit, die nun in den Zylinder hineinströmt. Die Säule wird schneller und schneller hineingezogen, doch da, jetzt wird der Kolben wieder langsamer, er nähert sich seinem unteren Totpunkt.

Wie wirkt sich das nun auf die Gassäule aus? Was macht das Einlassventil? Es bleibt nach wie vor weit offen. Die Gassäule ist wie ein D-Zug unterwegs in den Zylinder hinein, nicht mehr ganz einfach aufzuhalten.

Der Kolben wird nun langsam und erreicht den unteren Totpunkt. Er blieb soeben stehen und wechselt grad seine Richtung. Das Einlassventil ist nach wie vor weit offen, begann sich jedoch schon langsam zu schließen. Die Gassäule prallt nun gegen den stehenden Kolben und lässt durch die nachschiebenden Massen allmählich einen Überdrück im Zylinder entstehen.

Nun fährt der Kolben wieder ganz langsam nach oben. Die Gassäule schiebt noch immer herein und sorgte für einen messbaren Überdruck. Genug, sagt das Einlassventil und verschließt sich, gesteuert durch die Ventilfedern, die es zurdrücken in seinen dichten Sitz, was möglich wurde, weil die Nockenwelle nun endgültig ihre Nocke weggedreht hat.

Nun sind beide Ventile verschlossen, der Zylinder perfekt gefüllt mit Benzin-Luftgemisch, mit leichtem Überdruck, wegen der D-Zug-mäßig hereinkrachenden Gassäule, die nicht einfach stehenbleiben konnte, weil Luft die sich bewegt, hat Masse und Trägheit, oder wie glaubst funktioniert Wind? Der bringt auch Bäume zum schwanken und klescht Türen zu.

Der Kolben fährt nun nach oben und komprimiert das Benzin-Luft Gemisch auf ein Zehntel seines ursprünglichen Volumens. Aha, 1/10, das ist dann Verdichtung 1:10. Knapp vevor der Kolben am oberen Totpunkt ankommt, veranlasst der Zündmechanismus einen kräftigen Funken an der Zündkerze.

Dieser Funken lässt das Benzin-Luft Gemisch nun explodieren. Das geht auch nicht unmittelbar, sondern wie aus Höchstgeschwindigkeitskameras bekannt, breitet sich eine Flammfront beobachtbar aus. Soso, und daher kam der Funke auch schon, bevor der Kolben noch ganz oben war. Na OK, es war verdammt knapp vor ganz oben (4° von 360, als Anhaltspunkt), aber jetzt wo sich der hohe Explosionsdruck von satten 500 bar aufbaut, darf der Kolben wieder nach unten fahren, und der Kolben drückt nun mit voller Kraft über sein Pleuel auf die Kurbelwelle, die nun frischen Schwung bekommt.

Knapp bevor das Höllenfeuer den Kolben ganz nach unten gedrückt hat, beginnt sich bereits das Auslassventil zu öffnen. Jetzt schon beginnt der Überdruck des Brennraums in den Auspuff auszuströmen, und in weiterer Folge drückt auch schon der Kolben nach, und kickt sein verbranntes Gemisch in das Auspuffrohr, das freigegeben wurde durch das von der Auslassnocke geöffnete Auslassventil.

Die Nockenwelle wird bei modernen Motoren übrigens im Normalfall durch eine Kette angetrieben. Das Ritzel an der Kurbelwelle unten hat dann zB 15 Zähne, dann hat das Ritzel oben 30 Zähne. Somit ergibt sich die Übersetzung von 2:1. Die Nockenwelle macht also nur eine Runde, während die Kurbelwelle deren zwei dreht. Na ja, die Kurbelwelle bekommt ja vom Kolben auch nur bei jeder zweiten Runterbewegung Druck, daher passt dieses Übersetzungsverhältnis perfekt für die Steuerung der Ventile.

Der Motor pufft nun also gerade aus, der Kolben erreicht mittlerweile fast wieder seinen oberen Totpunkt, und es steht nun der Wechsel von auspuffen auf erneutes ansaugen von Frischgasen bevor. Wann schließt nun das Auslassventil? Wann wird sich das Einlassventil öffnen? Achtung, jetzt wirds gleich erstaunlich.

Das Auslassventil steht noch immer offen, wenn der Kolben ganz oben ist. Im Auspuffrohr fährt ein D-Zug in Richtung Schalldämpfer. Eine Gassäule, die nicht einfach stehenbleiben kann, und die daher bereits für einen Unterdruck über dem langsam gewordenen Kolben gesorgt hat. Und hey, da steht ja das Einlassventil schon leicht offen, obwohl der Kolben ja noch gar nicht nach unten fährt!

Unpackbar, jetzt sind beide Ventile offen, und der Kolben ist grad durch seinen oberen Totpunkt unterwegs. Der Unterdruck aus dem Auspuffrohr wird nun gefüttert mit Frischluft aus dem Ansaugrohr. Obwohl der Kolben noch steht, beginnt sich bereits eine Einlasströmung aufzubauen. Der Kolben hat soeben seinen Weg nach unten begonnen.

So, die Zeit ist gekommen, das Auslassventil endgültig zu schließen, damit kein explosives Frischgas in den sehr heißen Auspuff rausgesogen wird, dort würde es zu unerwünschten Kleschern kommen. Das Einlassventil steht nun wieder ganz offen, und der Kolben radiert flott nach unten, und baut die Einlassströmung (Ansaug-Unterdruck) hinter sich auf. Das kostet ihm Energie, er wird dabei leicht abgebremst.

Und da wären wir wieder beim Start.

Du siehst also, bei einer Runde im Viertaktmotor spielen einige Komponenten zusammen.

Ein Kolben, der seine Kraft, die nur bei jeder zweiten Abwärtsbewegungen entsteht, übers Pleuel auf die Kurbelwelle abgibt.

Diese Kurbelwelle ist direkt gekoppelt mit der Nockenwelle, auf der (ca 90° gegeneinander verdreht) die Nocken für das Einlass- und das Auslassventil montiert sind.

Die Ventile werden in einem strengen Rhytmus von dieser Nockenwelle auf- und zugemacht, und in einem kurzen Zeitabschnitt sind sogar beide ein bisschen offen, das nennt man übrigens Ventilüberschneidung.

Im Ansaugrohr wird durch den Unterdruck des nach unten fahrenden Kolbens Frischgas angesaugt, das per Vergaser oder Einspritzdüse benzingeschwängert wurde.

Eine Drosselklappe diente zur Drehzahlregulierung, eine Airbox sorgte dafür, dass stets ruhige Ansaugluft zur Verfügung stand.

Gassäulen mit einer merkbaren Trägheit machen den Gaswechsel richtiggehend spannend, und die Zündkerze sorgt dafür, dass ein Motor laut ist.

So viel mal für den Start in die Welt der Viertakt Technik Wink





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